Eine Zukunftsschau

 

Nostradamus hat für die nächste und weitere Zukunft noch zahlreiche Quatrains (in den Centurien, Almanachen und Sixains) und Prosaprophezeiungen (in den Almanachen) verfasst. Einige Themen, die ihm besonders wichtig erschienen sein müssen, sollen auch hier angeschnitten werden. Diese Themen sind vor allem Krankheit, Krieg und Hunger, das Schicksal der Kirche sowie die Bedrohung aus dem All.

 

Krankheit

Der erste Almanach von Nostradamus, der auch Quatrains enthält, ist jener für das Jahr 1555.[1] Darin steht zu Beginn ein allgemeiner Vierzeiler, in dem bereits die genannten Themen Krankheit, Krieg und Hunger genannt sind.

PV 01.55
D’esprit divin l’ame presage atteinte
Trouble, famine, peste, guerre courir,
Eaux, siccite, terre & mer de sang teinte,
Paix, tresve, à naistre, Prelats, Princes mourir.
Die Seele weissagt vom göttlichen Geist berührt
Streit, Hunger, Krankheit, Krieg,
Regenfälle, Trockenheit, Land und Meer vom Blut gefärbt,
Friede, Ruhe, die Geburt (von) Prälaten, den Tod (von) Fürsten.

Wie Nostradamus immer wieder betonte, sind seine Prophezeiungen göttlichen Ursprungs. Die erste Verszeile tut dies neuerlich kund. Die Aufzählung danach zeigt, dass alle Bereiche des menschlichen Lebens von seinen Prophezeiungen betroffen sind.

Ebenso kann den Prosaprophezeiungen in den Almanachen entnommen werden, dass auch in Zukunft immer wieder schwere Krankheiten (Nostradamus spricht meist von peste) auftreten werden. Wie man diese Prophezeiungen zeitlich zuordnen kann, ist im Band 3 meiner Buchreihe „Der Schlüssel“ erklärt.

 

Krieg

Neben dem Begriff Krankheit nennt Nostradamus auch immer wieder Krieg und damit verbunden Hunger. So schreibt er etwa im Brief an König Heinrich:

Brief H [1569]
Puis le grand empyre de l’Antechrist commencera  dans la  Atila & Zerses descendre en nombre grand &  innumerable,  tellement que la venue du sainct Esprit procendant du 48. degrez fera transmigration, deschassant a l’abomination de l’Antechrist,  faisant guerre contre le royal qui sera le grand vicaire de Iesus Christ, & contre son Eglise… 
„Dann wird das große Reich des Antichristen beginnen, in das Attila und Xerxes in großer und unüberschaubarer Zahl herabsteigen werden, derart dass die Ankunft des Heiligen Geistes, ausgehend vom 48. Grad, eine Auswanderung bewirken wird, vertrieben von der Gräueltat des Antichristen, der Krieg gegen den Königlichen führt, der der große Stellvertreter Jesu Christi sein wird, und gegen seine Kirche“

Schon zu Lebzeiten von Nostradamus geisterte der Begriff des „Antichristen“ in Schriften und Büchern herum und versetzte die Leserschaft in Angst und Schrecken. Auch die Kirche machte gerne davon Gebrauch, um den Menschen Angst vor der Hölle zu machen und sie zu sittsamen Leben zu bewegen.

Seit jeher wurde den christlichen Gläubigen die Wiederkunft Jesu Christi zum Jüngsten Gericht (Parusie) gepredigt, damit verbunden das Kommen des Reichs Gottes, das zweite Kommen des Messias. Die Zeit unmittelbar davor wird vom Evangelisten Matthäus äußerst schrecklich geschildert, denn viele falsche Propheten werden auftreten, das Böse wird überhandnehmen und die Liebe wird erkalten (Mt 24,9ff). Spricht Matthäus nur von „falschen Propheten“ und vom „Bösen“, so prägte der Verfasser der Johannesbriefe den Begriff „Antichristos“. Seither belebte die Phantasie der Gläubigen diesen Begriff mit den verschiedensten Inhalten.

Besonders nachhaltig wirkte das um 950 von Adso von Montier-en-Der verfasste Kompendium Libellus de ortu et tempore Antichristi (Büchlein von Ursprung und Zeit des Antichristen). Darin wird der Lebenslauf des Antichristen in mehreren Stationen auf Grund der bekannten kirchlichen Texte zusammengefasst.

In Zukunft kann somit ein neuer Antichrist erwartet werden, der Gräueltaten begehen und Krieg gegen den großen Stellvertreter Jesu Christi, den Papst, führen wird. Die Katholische Kirche wird demnach in große Schwierigkeiten kommen (siehe späteres Kapitel).

 

Hunger

Die Zahl der weltweit hungernden Menschen steigt seit 2022 wieder an. Die Organisation „Aktion Deutschland hilft“ weist auf ihrer Internetseite derzeit etwa 828 Millionen unterernährte Menschen aus. Im Jahre 2014 waren es noch 629 Millionen. [2]

Die Ursachen für den Hunger sind vielfache: Naturkatastrophen, Armut und Krieg. Dabei gäbe es nach einigen Experten genug Nahrungsmittel auf der Welt, es bestehe eher ein Verteilungsproblem.

Nostradamus sieht in den Almanachen auch für die nächsten Jahre Hunger voraus:

P 279.57  Hunger, fürchterliches Desaster
P 434.65  Hunger ist groß

Aber er sieht auch die Feststellung der Ursachen und die Bekämpfung dieses Problems:

Vers  4.15       Hilfe gegen die Hungersnot
Apensera d’où faire venir famine,
Là aviendra le ressasiement:
Man wird feststellen, von wo der Hunger gekommen sein wird,
Dann wird die Sättigung kommen.
 

  

Die Kirche – In multis tribulationibus

Schon einmal stand die Katholische Kirche am Rande des Ruins. „Vaste Rome ta ruine s’approche“ prophezeite Nostradamus im Quatrain 10.65 (siehe Band 6 meiner Buchreihe). Tatsächlich drangen französische Truppen im Jahre 1798 in Rom ein. Papst Pius VI. wurde für abgesetzt erklärt, inhaftiert und nach Frankreich verschleppt, wo er ein Jahr danach starb. Der Kirchenstaat wurde aufgelöst, in Rom die Republik ausgerufen.

Im Jahre 1870 sicherten dagegen französische Truppen den Bestand des Kirchenstaates im Zuge der Vereinigung des italienischen Staates. Als Frankreich seine Schutztruppen aufgrund seines Krieges gegen Deutschland aus dem Kirchenstaat abziehen musste, rückten italienische Truppen ein. Danach kam es zur endgültigen Auflösung des Kirchenstaates und zum Ende der weltlichen Herrschaft des Papstes, Pius IX., der dies jedoch nie anerkannte (siehe Band 7).

Erst 1929 konnte eine einvernehmliche Lösung der „Römischen Frage“ zwischen dem Papst und der italienischen Regierung erreicht werden und erhielt der Vatikan volle politische und staatliche Souveränität (siehe Band 8 meiner Buchreihe).

Geschichte wiederholt sich – auch das Geschick der Kirche. In Zukunft droht ihr offenbar neuerlich die Auflösung.

Nicht nur Nostradamus sah dieses ruinöse Geschehen voraus, sondern auch andere Seher. Berühmt geworden ist die Papst-Prophezeiung des Benediktinermönches und Erzbischofs Malachias, der Ende des 11. Jahrhunderts in Irland geboren wurde. Durch über hundert kurze Orakelsprüche (Devisen) sind alle Päpste seit Cölestin II. (1143-1144) charakterisiert. Gedruckt erschien die Prophezeiung im Jahre 1595, in dem Werk „Lignum vitae“ des belgischen Benediktiners Arnold Wion, der es in seine Beschreibung berühmter Mitglieder des Benediktinerordens aufnahm. Da kein originales Manuskript auffindbar war, sind an der Urheberschaft von Malachias und der Entstehung der Prophezeiungen Zweifel aufgetaucht. Auch die katholische Kirche hat immer wieder versucht, diese Texte zu unterdrücken und sie als Fälschung zu qualifizieren. Dennoch sind sie bis in unsere Tage erhalten geblieben.

Der gedruckte Text enthält bei den ersten 77 Devisen auch den Namen des Papstes, also einschließlich des bei Drucklegung amtierenden Papstes Clemens VIII. (1592-1605). Diese Zuordnung erfolgte durch den im 16. Jahrhundert bekannten Kirchenhistoriker Alphons Giaconius. Setzt man seine Zuordnung als richtig und die Reihe der Devisen als vollständig voraus, so lassen sich die Devisen der Päpste des 21. Jahrhunderts feststellen.

Die Devise Gloria olivae wurde von vielen Interpreten als die letzte angesehen und Papst Benedikt XVI. zugewiesen. Nach dieser Devise stehe nur mehr ein abschließender Satz über das Ende von Rom. Dem ist aber nicht so. Man muss die Interpunktionen beachten und liest dann:

De labore solis.
Gloria olivae.
In persecutione extrema S.R.E. sedebit.
Petrus Romanus, qui pascet oves in multis tribulationibus: quibus
transactis civitas septicollis dirvetur, & Iudex tremendus
iudicabit populum suum.
Finis.

 

Daher liegen noch zwei weitere Devisen bei Malachias vor!

  • In persecutione extrema S.R.E. sedebit
    (Die Heilige Römische Kirche wird in größter Verfolgung verweilen.)

und

  • Petrus Romanus, qui pascet oves in multis tribulationibus: quibus transactis civitas septicollis dirvetur, & Iudex tremendus iudicabit populum suum.
    (Römischer Petrus, der die Schafe in vielen Drangsalen weidet: wenn diese vorbei sind, wird die Siebenhügelstadt zerstört werden und der schreckliche Richter wird sein Volk richten.)

Die vorletzte Devise „In persecutione extrema“ bezieht sich somit auf Papst Franziskus, der sein Amt in einer schwierigen Phase angetreten hat, wenn man etwa an die weltweiten Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe von Priestern, verübt an Kindern und Jugendlichen denkt. Oder an die häufige Verfolgung von Christen, nachzulesen auf der Internetseite „Kirche in Not“, der Plattform des gleichnamigen katholischen Hilfswerkes, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Gläubigen überall dort zu helfen, wo sie verfolgt oder bedrängt werden.

Und ihm wird noch ein weiterer Papst folgen. Der Kirche droht dann noch größere Drangsal („in multis tribulationibus“). Dieser neue Papst ist auch im Sixain Nr. 47 erwähnt.

S 47.1
Le grand d’Hongrie ira dans la nacelle,
Der Große von Ungarn wird in die Barke gehen.

Diese Formulierung erinnert stark an jene über die Wahl von Benedikt XVI. zum Papst (siehe 2005, Quatrain 10.31, Nr. 12).

S 1.2
Vn Marquisat mis dans la nacelle,
Eine Markgrafschaft [wird] in die Barke gebracht.

Muss man daraus nicht schließen, dass ein Ungar zum Papst gekürt werden wird? Er wird mit „ruinösen Schwierigkeiten“ zu kämpfen haben.

Vers 6.25  –  Kirche in Not
Par le Mars contraire sera faicte la monarchie
Du grand pescheur dans troubles ruyneux,
Durch den widrigen Mars [3] wird die Monarchie
Des großen Fischers in ruinöse Schwierigkeit kommen.
Vers 1.4  –  Unheil für die Kirche
Lors se perdra la piscatore barque,
Sera regie en plus grand detriment.
Dann wird das Fischerboot verschwinden,
Wird in sehr großes Unheil geführt werden.

Aber, wie Nostradamus in einem Almanach versichert, die katholische Kirche kann und wird nicht untergehen, sie wird vielmehr in neuem Glanz wiedererstehen.

Fr 11.55
Les Ecclesiastiques du regne devoir triompher grandement, et l’Esglise estre en plus haut degré que jamais.
Der Klerus der Herrschaft wird sehr triumphieren, und die Kirche steht im höheren Ansehen, als je zuvor.

 

Ein Himmelsereignis

Im Jahre 2022 gab es die Befürchtung einer Bedrohung der Erde durch einige Asteroiden. Asteroiden, die im Weltraum herumschwirren, sind alles andere als eine Seltenheit. Im Januar staunten Wissenschaftler, als sie 15 erdnahe Asteroiden beobachteten. Im März des Jahres 2022 hatte der Asteroid 138971 Kurs auf die Erde. Die NASA stufte ihn als „potenziell gefährlich“ ein, umso mehr als der Asteroid so groß wie das Empire State Building sei. [4]

Ebenfalls 2022 gab es den ersten Versuch in der Geschichte der Weltraumforschung, die Bahn eines Asteroiden zu verändern. Man beschoss den Asteroiden Didymos am 26. September 2022 mit der Sonde Dart. Bei einem drohenden Einschlag eines Asteroiden auf der Erde könnte mit dieser Methode der „planetaren Verteidigung“ ein Asteroid auf eine andere Bahn gebracht und ein Impakt verhindert werden. Zum Zeitpunkt des Einschlags war Didymos etwa 11 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das Experiment gelang. [5]

Interessanterweise spricht Nostradamus auch von dard – einem Pfeil, der am Himmel seine Bahn zieht.

Vers 2.70       Der Pfeil des Himmels naht
Le dard fera du ciel son extendue
Par parlant morts: crue grande execution.
L’arbre, la pierre, rendue la gent,
Bruire fer humain monstre, purge en expiation.
Der Pfeil wird am Himmel seine Ausdehnung machen.
Tote beim Sprechen: brutale große Hinrichtung.
Der Baum, der Stein, das Volk gebeugt.
Eisen saust (auf) das menschliche Monster, Reinigung durch Sühne.

 Auch in den Almanachen finden sich für einen Meteoriteneinschlag Hinweise:

P 61.60-2
Toutes autres impressions metheoriques
Alle weiteren Meteoriten-Einschläge
P 92.61
Endommageant plusieurs endroit[s] & autres metheorique[s] impression[s] miraculeux de Triphons. Vernichtend mehrere Plätze und weitere meteorische, wundersame Einschläge des Triphons.
P 265.63
Multae aliae impressiones meteorae

Viele weitere Meteor-Einschläge

In alter Zeit nannte man Meteore Impressions de l‘ air. Nostradamus schreibt deutlicher in Latein: impressiones meteorae.
Was versteckt sich hinter dem Wort Triphon?
Sollte die dem genannten Quatrain zeitlich voraus gehende Prophezeiung 9.44 eine Warnung für diesen Einschlag sein?

Vers 9.44  –  Flieht aus Genf!
O migres de Genesve, migres trestous,
Saturne l’or à fer changeant,
Oh wandert fort aus Genf, wandert alle aus!
Saturns Gold verwandelt sich zu Eisen.

Nostradamus spricht hier von einem Wechsel vom „Goldenen“ zum „Eisernen Zeitalter“. Saturn galt in der römischen Mythologie vor allem als Symbol des „Goldenen Zeitalters“, der Saturnia regna. Im Tempel des Saturns am Fuß des Kapitols wurde auch der römische Staatsschatz, Zeichen des Wohlstandes des Staates, aufbewahrt.

Nach der mittelalterlichen Astrologie brachte aber der Planet Saturn, der meist mit einer Sichel oder Sense dargestellt wurde, Unglück: Sorgen, Krankheit, Streit und Tod. Diese Ambivalenz des Saturns bringt den bevorstehenden Wechsel der Lebensverhältnisse bestens zum Ausdruck.

 

 

Beruhigung der Weltsituation

Schließlich ist ein Ende des Unheils und der Leiden zu sehen:

Vers 1.63  –   Die Geißeln hören auf
Lieu depasse, diminues fleaux sur monde,
La paix sera long temps, terres inhabitees,
Sceur marchera par terre, mer & ciel, onde
Die Wirkung überstiegen, die Geißeln vermindert in der Welt,
Friede wird lange Zeit sein, Gebiete unbewohnbar.
In Sicherheit wird man sein an Land, zu Meer und am Himmel, Welle.

Aus verschiedenen Prophezeiungen der Almanache kann diese Beruhigung der Weltsituation ebenfalls ersehen werden, beispielsweise:

P 295.59
Ce sont & seront vrayement les années des merveilles du monde, …les malins & mauvais…ce ne sera pas à leur resjouissance, ains au comble de leur misere & ignominieuse calamité & totale ruine.
La fin en fera le compte.
Dies sind und werden wahrlich die Jahre der Wunder der Welt sein, …für die Bösen und Schlechten…wird es nicht zu ihrer Freude sein, sondern zum Übermaß ihres Unglücks und schändlicher Kalamität und totalen Ruin. Das Ende wird die Rechnung präsentieren.
P 167.65
Pa
ix, vnion & concorde, vniuerselle pacification.
Friede, Einheit und Übereinstimmung, universelle Befriedung
P 274.66
Deuers la fin de l’an…sera la plus part de la Chrestienté vnie ensemble en paix, amour, vnion & parfaite concorde…mais tout le reste viendra à bonne fin.
Gegen Ende des Jahres…wird der größte Teil der Christenheit im Frieden vereint sein, Friede, Liebe, Einheit und völlige Übereinstimmung…auch alles übrige wird zu einem guten Ende kommen.

Die   Worte im Quatrain „Wirkung überstiegen“ bedeuten wohl, dass die Hybris überwunden worden ist. Dann kommt es zur Beruhigung und Befriedung der Welt. Ein wohltuend angenehmer Vers!

 

 

 

Fußnoten

[1]    Statt des ausführlichen Titels „Almanach für das Jahr 1555“ wird im Weiteren nur mehr „Almanach 1555“ verwendet. Analoges gilt für die übrigen  Almanache. Näheres zu den Almanachen siehe Band 2 dieser Buchreihe „Nostradamus – Seine Schriften“.

[2] https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/fachthemen/natur-humanitaere-katastrophen/hungersnoete/infografik-hunger-weltweit/

[3]  Hier ist  „Krieg“ (nicht der Planet) gemeint.

[4] https://www.24hamburg.de/welt/asteroid-maerz-2022-nasa-ankuendigung-asteroid-richtung-erde-empire-state- building-grosser-brocken-asteroid-meteorit-komet-91342339.html

[5]  https://de.wikipedia.org/wiki/Double_Asteroid_Redirection_Test#Flug_und_Einschlag