Nostradamus hat das gesamte Werk seiner Prophéties in drei Teilen veröffentlicht. Die Gründe für diese Teilveröffentlichungen sind einerseits in den Initialen der ersten vier Centurien (Bild-Initialen 1555) und andererseits im Datum der Widmung an König Heinrich zu sehen. Beide Angaben sind für die Entschlüsselung von Bedeutung.
Leider sind einige Editionen heute nicht mehr auffindbar, von deren Existenz man aber aus anderen Werken und Bibliotheksverzeichnissen Kenntnis hat. Einige Ausgaben werden von manchen Experten als vordatierte Drucke angesehen. Heute geht man im allgemeinen von folgenden Erstausgaben (editiones principes) aus:
1555
„Les Prophéties de M. Michel Nostradamus“ gedruckt bei Macé Bonhomme in Lyon; diese Ausgabe enthält ein Vorwort an den Sohn César und die Centurien I bis III komplett, sowie die ersten 53 Verse der Centurie IV (also insgesamt 353 Quatrains); am Ende des kleinformatigen Buches steht der Vermerk, dass der Druck am 4. Mai 1555 fertiggestellt worden ist.
Von diesem Druck gibt es zwei Exemplare, eines in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und eines in der Bibliothek Albi in Südfrankreich. Diese Drucke unterscheiden sich jedoch geringfügig.
1557
„Les Prophéties de M. Michel Nostradamus. Dont il en y a trois cents qui n’ont encores iamais esté imprimées“ erschienen bei Antoine du Rosne in Lyon. Von dieser Ausgabe gibt es zwei verschiedene Drucke:
a) einen Druck, der am 6. September 1557 ausgeführt worden ist, und wovon ein Exemplar in der Universitätsbibliothek in Utrecht aufliegt. Das kleinformatige Buch enthält das Vorwort an den Sohn César und die Centurien I bis VI/99 sowie 42 Quatrains der Centurie VII (also insgesamt 641 Quatrains); ferner steht nach dem Quatrain C 6.99 ein lateinischer Quatrain, ein Bannspruch gegen törichte Kritiker.
b) einen Druck, der am 3. November 1557 ausgeführt worden ist, und wovon sich ein Exemplar in der Nationalbibliothek in Budapest, ein weiteres in der Bibliothek in Moskau erhalten hat. Das Buch enthält das Vorwort an den Sohn César und die Centurien I bis VI/99, aber nur 40 Quatrains der Centurie VII und keinen lateinischen Bannspruch (also insgesamt 639 Quatrains).
1568
„Les Prophéties de M. Michel Nostradamus. Dont il y en a trois cens qui n’ont encores iamais esté imprimées. Adioustées de nouveau par ledict Autheur“, gedruckt bei Benoist Rigaud, Lyon. Diese Gesamtausgabe enthält das Vorwort an den Sohn César, die Centurien I bis VI/99, den lateinischen Bannspruch, die Centurie VII mit 42 Quatrains und, durch ein eigenes Titelblatt getrennt, eine Widmung an König Heinrich sowie die Centurien VIII bis X (also insgesamt 941 Quatrains und den Bannspruch).
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden die Centurien VIII bis X bereits 1558 veröffentlicht, deren Druck Nostradamus noch selbst veranlasst haben wird. Die Existenz einer solchen Ausgabe bestätigt eine Ausgabe von 1668, auf deren Titelseite auf diese heute fehlende Edition 1558 hingewiesen wird. Auch der Umstand, dass Nostradamus seine letzten drei Centurien König Heinrich II. gewidmet hat – diese Widmung (hier meist Brief an Heinrich genannt) ist mit 27. Juni 1558 datiert – und die Tatsache, dass Heinrich II. im Juli 1559 gestorben ist, legt es nahe, dass Widmung und Centurien vorher veröffentlicht worden sind. Denn welchen Sinn würde es machen, die Verse einem toten König zu widmen?
Ein erster Überblick über das Gesamtwerk der Prophéties ergibt somit folgenden Aufbau: