Das Jahr 1606

Der im Abschnitt „Brief an Heinrich – Astrologischer Text“ zitierte Text soll nun nach seinem astrologischen und historischen Inhalt untersucht werden.

Dr. Christian Wöllner hat in seiner 1928 erschienenen grundlegenden astrologischen Untersuchung „Das Mysterium des Nostradamus“ diesen Text auf das Jahr 1606 bezogen. Wöllner stellt fest, dass das astrologische Thema, das Nostradamus hier angibt, jenes vom 1. Januar 1606 (julianisch) ist. Er bezieht sich u.a. auch auf die Textstelle [416] im Brief an Heinrich, in der Nostradamus das Jahr 1606 besonders hervorhebt.

Eine Untersuchung aus jüngerer Zeit ist jene von Brind’Amour, der die Angaben ebenfalls auf das Jahr 1606 bezieht, aber – zu Recht – Widersprüche sieht. Diese Widersprüche lassen sich jedoch auflösen, wenn man von der Annahme abrückt, alle Angaben dieser Textstelle beziehen sich ausschließlich auf das Jahr 1606 (die dann eine vielfache Überbestimmung wären). Ich habe daher eine Neuinterpretation der gesamten Textstelle durchgeführt.

Zunächst sei der Inhalt dieser Textstelle untersucht, wobei wir diese in zwei Teile zerlegen:
– Teil A [2995 bis 3115], in dem bestimmte Planetenkonstellationen angegeben sind, und
– Teil B [3116 bis 3168], in dem offenbar Ereignisse zu den in A genannten Zeiträumen angeführt werden.
Teil A lässt sich weiter unterteilen:
– Teil A1 = [2995 bis 3052], in dem für fünf Planeten bestimmte Zeitintervalle angegeben sind.
– Teil A2 = [3053 bis 3115], in dem für dieselben Planeten und zusätzlich für den Mond und den Drachenkopf (aufsteigender Mondknoten) die Tierkreiszeichen, in denen sie sich befinden, sowie Konjunktionen und Aspekte dargelegt werden.

Auf Grund meiner Untersuchungen kam ich zu folgendem neuen Ergebnis: Die Interpretation des Textteiles A1 geht konform mit Wöllner und Brind’Amour . Das Jahr 1606 ist quasi das Startjahr, so wie das im Brief genannte Jahr 1792 das Endjahr des betrachteten Zeitraumes ist. Meine Interpretation des Teiles A2 geht nun davon aus, dass die zu Beginn des Textes stehenden Worte „tournera entrer“ nicht nur im Teil A1 sondern auch im Teil A2 fortwirken. Man sollte also in A2 lesen „Saturn rückläufig im Steinbock“ etc.

Saturn ist nach dem Startjahr auch im Jahre 1607 im Steinbock rückläufig (vom 28.4. bis 16.9.). Prüft man die Rückläufigkeit von Jupiter im Wassermann, ergibt sich als erstes Jahr nach 1606/07 das Jahr 1617 (vom 20.5. bis 28.6.). Das erste Jahr nach 1617, in dem Mars im Skorpion rückläufig ist, ist das Jahr 1621 (vom 30.3. bis 13.6). Das erste Jahr nach 1621, in dem die Venus in den Fischen rückläufig wird, ist 1627.

Nun ist festzustellen, wann sich Merkur im selben Monat in den drei Tierkreiszeichen Steinbock, Wassermann und Fische befindet, der Mond im Wassermann und der Drachenkopf in der Waage sind. Man erhält nach 1627 als erstes das Jahr 1642. Die dreifache Bestimmung des Jahres ist notwendig, weil dadurch eine eindeutige Lösung gefunden wird.

Der nächste Textabschnitt bringt ebenfalls eine mehrfache und dadurch eindeutige Angabe betreffend das Jahr 1643. Die Konjunktion Jupiter/Merkur gemeinsam mit dem Drachenschwanz im Widder gibt es im Zeitraum 1606-1792 nur in den Jahren 1643 und 1679. Der angegebene Quadrataspekt von Mars zu Merkur gilt dabei nur im Jahr 1643. Es ist auch, wie der Text sagt, „suivant“, dem vorhin genannten Jahr 1642 „nachfolgend“.

Die im letzten Textabschnitt definierte Konjunktion Sonne/Jupiter „avec“ = gemeinsam mit dem Drachenkopf in der Waage (da kein anderes Tierkreiszeichen genannt ist, gilt nach wie vor das genannte „la teste du Dragon en Libra“) tritt im Zeitraum 1606 bis 1792 lediglich einmal, im Jahr 1661 auf.

Auf diese Weise wurde eine Reihe von historisch bedeutsamen Jahren gefunden: 1606 – 1607 – 1617 – 1621 – 1627 – 1642 – 1643 – 1661 und schließlich 1792.

Astrologischer Text

Wöllner

Brind’Amour